Vom Tanz auf dem Kornboden –
und wie man zur Schützenhalle kam…
Die Schützenhalle (Anschrift: Zum Bauernhahn 2, 59846 Sundern) ist in den Sauerlanddörfern neben Kirche und Schule meist das repräsentativste Gebäude. Im allgemeinen dient sie nicht nur dem Schützenfesttreiben, sondern ist auch Stätte des übrigen kulturellen Lebens. Aber solch eine Halle —sichtbarer Ausdruck der Gemeinschaft —ist auch eine ständige Quelle der Sorge, der Kosten, der Arbeit.
Wie in den meisten Orten, fing man auch in Meinkenbracht räumlich bescheiden an.
Das erste Schützenfest wurde 1880 auf dem Kornboden des Bauern Schelle und dem angrenzenden Grundstück des Bauern Becker gefeiert. Von 1905 — 1910 war die Feier auf dem Kornboden des Bauern Kaiser. Ab 1910 fand sie beim Bauern Blome-Droste statt. In der Separation kaufte die Bruderschaft den heutigen Schützenplatz. Dadurch war der Grund für den Bau einer Halle geschaffen. Aber zunächst reichte es nur zur Errichtung einer Trinkhalle (1924).
Davor wurde ein Zelt aufgerichtet. Der Zeltaufbau war jedes Jahr ein besonderer Punkt der Generalversammlung. So heißt es im Protokoll vom 6.4.1931: „Das Aufschlagen des Zeltes soll an den Mindestbietenden vergeben werden …. Der Mindestbietende ist Hubert Winter mit 39 RM. EIektr. Licht-Anlage einbegriffen“. Und am 13. Juni 1934: „Das Zelt aufschlagen und abbrechen soll den beiden Stellmacher Wiethof und Winter zum Preiße von 50,00 RM geschrieben (fünfzig R M) vergeben werden.“ Der Zeltplatz wurde das Jahr hindurch zum Abweiden und Bleichen verpachtet. Das gab schon mal Ärger. Eine Einzäunung verursachte Kosten.
Der Gedanke an einen festen Bau wurde immer konkreter. Im Protokoll vom 11. August 1935 heißt es „Die Stimmung für den Hallenbau ist einstimmig ja. Es soll mit verschiedenen Sachverständigen Rücksprache genommen werden. Der Vorschlag, eine Baracke von einer Dynamikfabrik in Grevenbrück zu kaufen wird erwogen und nach Besichtigung durch Experten verworfen. Am 26.12.35 heißt es „Betreffs Hallenbau . . ist mit Sachverständigen Rücksprache genommen. Nach Ansicht der Generalversammlung sind die Kosten für den Neubau zu tragen.
Am ersten Samstag im August 1936 wurde die Halle eingeweiht und das erste Fest darin gefeiert. Die Waldbauern hatten das benötigte Holz gestiftet. Die Zimmer- und Maurerarbeiten wurden unentgeltlich von den Schützenbrüdern geleistet. Trotzdem mußte natürlich Geld geliehen werden. Im Protokoll vom 29.4.37 heißt es: „. . hat der Verein ein Darlehen von 3000,— M bei der Spar- und Darlehnskasse Endorf zum Hallenbau aufnehmen müssen“. Die weitere Ausgestaltung bleibt ein ständiger Programmpunkt der Generalversammlungen. Am 18. April 1938 beschließt man: „Wenn die Geldmittel es erlauben, soll die Halle von Innen verputzt werden. Auch sollen einige Bäume (Linden) auf dem Festplatz gepflanzt werden“.
Und dann kam die Zeit der Zweckentfremdung im dritten Reich, im Krieg und in der Nachkriegszeit.„Reichsgetreide-Lager“. Am 10.4.39 wird beschlossen „Die Instandsetzung der Halle zum Lagern von Reichsgetreide soll von der Lagerverwaltung besorgt werden“. Am 25.3.40 wird die Verpachtung an den Tiefbauunternehmer Spindeldreiher Langscheid beschlossen „zur Unterbringung der Wegebauarbeiter zum Preise von 25,00 M pro Monat“. Als Kriegsgefangenenlager brachte die Halle makabren Gewinn. Am 14.7.1940 wird festgesetzt „Von den Interessenten, die zur Zeit Kriegsgefangene beschäftigten und in der Schützenhalle untergebracht sind, soll ein Betrag von 5 Pfg pro Mann und Tag gezahlt werden“.
Wie wichtig diese an sich traurige Einnahme war, zeigt ein Beschluß, der drei Jahre später gefaßt wurde (5.6.43) „Nachdem das Gefangenenlager in der Halle aufgelöst, hatte der Verein keine Einnahme mehr, folgedessen mußte der Jahres-Mitgltedsbeitrag auf 3,50 M erhöht werden“. Die Schulden bei der Spar- und Darlehnskasse Endorf betrugen im Sommer 1943 noch 1.428,— M. Zur Abtragung leisteten die Mitglieder einen Beitrag von 50 bis 100 M.
Gegen Ende des Krieges wurde die Halle beschlagnahmt als Möbellager der Stadt Dortmund. Man glaubte die Sachen dort im kleinen Sauerlanddorf fern vom Krieg und sicher wie in Abrahams Schloß. Einer von den Irrtümern der Strategen! Dann ist der Krieg vorbei; Meinkenbracht ist in den Rückzugsgefechten stark zerstört worden, auch die Schützenhalle. Man beschließt im April 47: „ … die Schützenhalle soll wieder instand gesetzt werden“. Aber zunächst einmal kommen Flüchtlingsfamilien hinein. Und außerdem ist nur auf Schleichwegen an Material zu kommen. Am 29.3.1948 liest man im Protokoll unter Punkt 6 „die an der Schützenhalle notwendigen Reparaturen sollen so weit wie möglich ausgeführt werden, das heißt, wenn das nötige Material zu bekommen ist“. Die Flüchtlingsfamilie Wolf behindert noch einige Jahre die volle Benutzung der Halle. Deshalb wird im Juni 1950 ein Anbau für diese Leute beschlossen.“ Die Bauarbeiten sollen durch die Schützenbrüder so weit wie möglich ausgeführt werden“. Im Dezember 1959 wird sie an die „Bäuerliche Endorf“ als Lagerraum für Dünge- und Futtermittel vermietet. Ein Mehrzweckraum wird 63/64 von Architekt Nöcker/Sundern geplant. Die Kosten in Höhe von DM 17.400,— werden hauptsächlich durch 20 Arbeitsstunden pro Mitglied und 20 fm Holz pro Bauer aufgebracht.
Am 1. Februar 1970 steht geschrieben „Es wurde ferner beschlossen, eine neue Theke zu bauen und die Musikbühne zu vergrößeren“. Aber immer noch nicht genügte die Halle den Vorstellungen und Wünschen der Schützenbrüder und Dorfbewohner. Sie sollte noch gemütlicher und repräsentativer werden.
Also begann man nach dem Schützenfest 1975 mit dem Umbau. Neue Fenster wurden an der rechten Seite eingesetzt; der Speiseraum vertäfelt; Rolläden eingebaut, um den Mehrzweckraum zu vergrößern, der seitdem für Feiern im kleinen Kreise passend ist; der Fußboden wurde mit Fliesen belegt. Im Februar 1976 wurde noch einmal Druck hinter die Arbeiten gesetzt: „. . . beschlossen, daß die Bauarbeiten der Schützenhalle verstärkt beschleunigt werden . .“ Jedenfalls präsentierte sich das Gebäude beim Schützenfest in einem neuen, gemütlichen Zustand. Die Stadt Sundern hatte zwar einen Zuschuß gegeben, aber ohne die unentgeltliche Eigenleistung der Mitglieder wäre die Schützenhalle nicht das geworden, was sie heute ist. Sie steht auch den anderen örtlichen Vereinen zur Verfügung. Außerdem können auch Familienfeiern (Polterabend, Hochzeit) darin abgehalten werden. Aber vor allem kommt sie zur Geltung beim „Fest aller Feste“ — beim Schützenfest.
Es war ein weiter Weg vom Kornboden des Bauern Schelle bis zum heutigen Bauwerk! Die Geschichte eines Jahrhunderts steckt darin. An Gebrauch und Mißbrauch muß man denken; an die Überlegungen der besten Köpfe der Gemeinschaft; an fleißige Hände vieler Idealisten; an immer wieder erbrachte finanzielle Opfer. Aber so wie sie dasteht ist sie der Ausdruck eines zähen Gemeinschaftswillens eines kleinen Sauerlanddorfes. Möge sie noch auf unabsehbare Jahre die Stätte gemeinschaftsbildender Feier und echter Freude sein!
(aus „Festschrift 1879 – 1979 Hundertjahrfeier der Schützenbruderschaft St. Nikolaus Sundern- Meinkenbracht“ ; Wilhelm Zinselmeyer, Pfarrer)