Vereinsgeschichte

Die Geburtsstunde der Schützenbruderschaft Meinkenbracht schlug am 24. August 1879

An diesem Tage hatte der Gemeindevorsteher Schulte „die Eingesessenen der Gemeinde Meinkenbracht“ zu einer polizeilich genehmigten Versammlung eingeladen. Fast alle erwachsenen Männer des Dorfes (39) waren dieser Einladung gefolgt.

„Ordnung muß sein!“ — Oder: die Statuten des Vereins im Laufe der Jahrzehnte

„Jeder hier domizilierte christliche Einwohner…“ so fängt in echtem Kanzleideutsch der erste Paragraph der Statuten der Bürger-Schützengesellschaft zu Meinkenbracht“ an, die am 23. März 1880 genehmigt wurden. Also jeder hier wohnende christliche Einwohner „auch jeder Auswärtige kann und soll als Mitglied in die Schützengesellschaft aufgenommen werden, der sich nicht durch eine unwürdige That oder durch ein sonstiges unordentliches Betragen der Aufnahme unwerth gemacht hat“. In weiteren 6 Paragraphen spricht dieser erste Abschnitt „Von der Theilnahme am Schützenfeste und den Rechten und Pflichten der Schützenbrüder“.

Die Sitten und Bräuche waren damals noch streng. Der § 4 bestimmt nämlich „Ausgeschlossen von der Theilnahme am Schützenfeste sind diejenigen: 1) welche das Recht nicht haben die National-Kokarde zu tragen 2) welche unter polizeilicher Aufsicht stehen“. Für Kinder gab es damals noch nicht so viele Freiheiten wie heute. § 8 verbietet ihre Teilnahme am Fest: „Kinder der Schützenbrüder dürfen in der Schützengesellschaft auf dem Schützenhofe nicht zugelassen werden“.

„Vom Schützenvorstande, dessen Verrichtungen und Wahl“ handelt der II. Abschnitt in 8 §§. „Der Vorstand besteht aus 1) dem Hauptmann 2) sechs Führern 3) einem Fähnrich 4) einem Rendanten“. Über die Aufgaben des Hauptmanns wird folgendes ausgeführt: § 12: „Der Hauptmann … wacht insbesondere über das Vermögen der Gesellschaft und weiset die gewöhnlichen Ausgaben auf die Schützenkasse an. Er schließt die Contrakte, sorgt für die Aufbewahrung der Gesellschaftspapiere, der Geräthschaften und Schlüssel . . .“. § 13: „Die Führer sind dem Hauptmann in allen Verrichtungen behülflich, insbesondere in der Aufrechterhaltung der Ordnung und Ruhe beim Schießen…“ Der Rendant: „ … Derselbe muß auf Verlangen eine vom Hauptmanne zu bestimmende Caution stellen . . .“

Es wird weiter festgelegt, daß die Generalversammlung am Ostermontag abzuhalten sei. Von dieser handelt vorzüglich der IM. Abschnitt der Statuten in 4 Punkten. Über „Ausgezeichnete Personen“ gibt der IV. Abschnitt Auskunft. Zunächst wird demokratisch festgestellt in § 21 „Unter den Schützenbrüdern besteht innerhalb der Gesellschaft eine völlige Gleichheit; nur nachstehend benannte Personen genießen eine besondere Auszeichnung“. § 22 „Der jedesmalige Schützen-König d.i. derjenige, welcher den letzten Rest des Vogels abschießt, derselbe wird mit dem großen Ehrenzeichen geschmückt. . .“ „Vom Schützenfeste selbst“ handelt der V. Abschnitt in peinlich genauen 8 Paragraphen. Daß es durch Mehrheitsbeschluß ausfallen könne … „Alle fünf Jahre muß jedoch Schützenfest gefeiert werden, wenn die Statuten ihre Gültigkeit nicht verlieren sollen“. § 24 regelt die Tanzordnung in allen Einzelheiten: „Das Tabakrauchen ist während des Tanzens untersagt“. „Bei dem Tanzen muß Kolonne gehalten werden“. Man wußte früher auch noch früh genug Schluß zu machen. Die Statuten schreiben vor: „Nach Beendigung des Festes werden dem Hauptmanne die Schlüssel jedesmal wieder eingehändigt, welchem allein es auch zusteht, zu bestimmen, um welche Zeit das Fest aufhören soll; solches kann jedoch über 10 Uhr Abends nicht ausgedehnt werden“.

Die Schießordnung in § 27 liest sich u.a. so: „… von keinem Schützen dürfen 2 Kugeln oder eine zu große Ladung Pulver in das Gewehr gethan werden . . .“ erst wenn der Schütze sich zur Abfeuerung des Gewehrs bereit stellt, darf das Zündhütchen aufgesteckt oder das Pulver auf die Pfanne geschüttet werden“. Patriotismus und Kaisertreue mußten natürlich beim höchsten Fest des Jahres zum Ausdruck kommen. § 28: „Das Schießen wird im Namen Sr. Magestät des Allergnädigsten Königs und Kaisers durch den zeitigen Schützenhauptmann eröffnet. Nach gefallenem Schusse wird Sr. Magestät dem Könige und Kaiser vom Hauptmanne ein 3 maliges Lebehoch gebracht“.

„Einheimische Jünglinge, die das 17. Lebensjahr überschritten haben, müssen sich als Schützenbrüder einschreiben lassen widrigenfalls ihnen die Betheiligung am Schützenfeste versagt werden kann“. Schlimmere Strafen nennen die diesem letzten Paragraphen vorangehenden: Geldstrafen für den, der während des Festes kein Abzeichen trägt; eine Mark Strafe für den, der den Festzug zu früh verläßt; Ausschluß aus der Gesellschaft trifft den, der das öfter macht oder „welcher bei einer Zänkerei den Weisungen eines Vorstands-Mitgliedes nicht sofort Folge leistet“. In 37 Paragraphen ein Statut von deutscher Gründlichkeit, in Schönschreibschrift in deutschen Buchstaben geschrieben; eine meistenteils vergnügliche Lektüre für den Chronisten und für Liebhaber von alten Texten! Wesentlich kürzer sind spätere Satzungen. Als „Die Bürgerschützengesellschaft in Meinkenbracht“ am 5. März 1926 in das Vereinsregister Nr. 49 beim Amtsgericht in Arnsberg eingetragen wurde, umfaßten die Statuten ganze 8 Paragraphen. Der erste davon sei zitiert: „Zweck des Vereins ist, das Gemeinschaftsgefühl zu heben, den Schieß-sport zu pflegen und alljährlich oder mindestens alle 3 Jahre ein Volksfest in althergebrachter Weise zu veranstalten.

Nochmals eine Satzung gab es mit der „Gleichschaltung“ im dritten Reich. Sie wurde im April 1934 auf Anordnung des Landrates beschlossen. Wichtigster Punkt: Mitglied kann nur sein oder werden, wer arischer Abstammung ist. Die Schützengesellschaft wird dem Schützenbund für das kurkölnische Sauerland angeschlossen und ist Mitglied des „Deutschen Reichsbundes für Leibesübungen“.

Als der braune Spuk vorüber ist, Deutschland in Trümmern liegt und auch Meinkenbracht am Endes des Krieges schwer getroffen ist, gibt man sich im April 1947 wieder eine neue Satzung. Deren erster Satz lautet „Die St. Nikolaus Schützenbruderschaft hat den Zweck, unter den Mitgliedern ein echt religiöses und gemeinschaftliches Zusammenleben mit Kirche und Gemeinde zu fördern“.

Nun ist aus der bürgerlichen Gesellschaft und aus dem gleichgeschalteten Mitglied einer NS-Organisation eine kirchliche Bruderschaft geworden! Absatz 4 bestimmt „Der Vorstand besteht aus dem geistlichen Präses, dem I. Brudermeister, dessen Stellvertreter, dem Schriftführer, dem Rendanten und Fähnrich . . .“ Dieser Wechsel war nicht ganz leicht. Vor allem mußte um die Freigabe des Vermögens wegen der Mitgliedschaft in einer NS-Organisation gerungen werden. Das zuständige Gericht in Celle urteilte aber salomonisch: „Der Antragsteller ist eine demokratische Organisation, die sich nach dem Zusammenbruch neu gegründet hat. Er ist zwar nicht identisch mit dem Verein aus der vornationalsozialistischen Zeit, doch ist er diesem ähnlich“. Zum ersten Male taucht 1950 im Protokoll der Name eines Geistlichen auf. Die Generalversammlung wählte „Herr Vikar Franz Sauerland als Vorsitzender“. Statuten und Paragraphen sind für einen, auch kirchlichen, Verein unerläßlich. Daß sie nicht bloßes Papier bleiben, das wird stets die Sorge der verantwortlichen Männer des Vorstandes sein müssen.

„600 Mark Jahresbeitrag“ – sofort zu zahlen“ beschließt die Generalversammlung am 2. April 1923. Das war natürlich Inflationsgeld. Aber es ist bezeichnend für die Anforderungen, die an die Meinkenbrachter Schützen gestellt und von ihnen geleistet wurden. Am 12. August desselben Jahres wird beschlossen „Das Fest kann nicht gefeiert werden“; aber „Schärfen“ anzuschaffen wird der Vorstand ermächtigt. 1924 hat man die Inflation überwunden. Die Generalversammlung beschließt „Das Eintrittsgeld für neue Mitglieder wird auf 1,50 Goldmark erhöht“. Im Juni 1943 wird der Jahresbeitrag auf 3,50 M festgesetzt. Am 10.2.73 notiert der Chronist „Der Jahresbeitrag wird von DM 8,00 auf DM 10,00 erhöht“. Am 28.1.1978 langte man noch kräftiger in die Taschen der Mitglieder: „Der Jahresbeitrag wurde von DM 10 auf DM 15 erhöht. Dieser Vorschlag wurde einstimmig angenommen“. Im Hintergrund dieses Beschlusses standen freilich die Mehrausgaben für den letzten Hallen Um- und Ausbau. Außer der Erhöhung der Beiträge gab es immer wieder Sonderaktionen: Niederschrift am 21.4.1930: „Die im Protokoll vom 18. August 1929 bewilligten 600,— RM (für Bedachung der neuen Kirche d.Verf.) sollen anderweitig und zwar zu einer Glocke verwandt werden. Dieselbe soll 730,— RM kosten und werden die Restlichen 130 RM nachbewilligt“. Die Glocke trägt die Inschrift „Schützenbruderschaft St. Nikolaus — Ich rufe zum Beten zur Arbeit zum Spiel als ehrender Mahner zum ewigen Ziel“. Diese Glockenstiftung offenbart zugleich das gute Verhältnis der Schützenbruderschaft zu ihrer Kirche. An anderer Stelle ist schon erwähnt, daß 1942 zur Schuldentilgung 50 bis 100 Mark pro Mitglied gezahlt wurden.

Idealismus kommt auch zum Ausdruck im Beschluß vom 11. Juni 1967: „… wurde beraten und die Anschaffung einer neuen Vereinsfahne beschlossen. Da der Verein finanziell nicht in der Lage ist die Fahne zu kaufen, wurde beschlossen, daß jeder aktive Schützenbruder DM 25,— stiften soll“. Die Fahne mit dem Bild des Kirchenpatrons St. Nikolaus ist da. Die Schützen können ihr mit Stolz auf vielerlei finanzielle und materielle Opfer und Leistungen der Vergangenheit folgen.

(aus „Festschrift 1879 – 1979 Hundertjahrfeier der Schützenbruderschaft St. Nikolaus Sundern – Meinkenbracht“; Wilhelm Zinselmeyer, Pfarrer)